Zitat aus NZZ:
„Marion Löhndorf · Wir lassen uns von Filmen unterhalten, provozieren und verführen. Meist ohne darüber nachzudenken, was zwischen der Leinwand und unserer Wahrnehmung eigentlich stattfindet. Die Filmwissenschaft hingegen widmet sich diesen Dingen umso ausführlicher. Das kann für Laien mühsam sein, doch nicht alle Theorie ist grau. Marcus Stigleggers akademischem Werk «Film als Medium der Verführung» ist die Liebe zum Film in jeder Zeile eingeschrieben. In Kapiteln über Philosophie, Genre, Mythos, Pop-Kultur sammelt der Autor, der selbst als Professor der Filmwissenschaft in Mainz lehrt, Belege für David Cronenbergs eingangs zitierten, kühnen Satz «Film ist Verführung». Unter anderem geht es darum, wie Film als Vorbild empfunden werden und somit als Versuchung wirken kann, als risikoreiches Spiel, in dem Werte, Haltungen und Tabus verhandelt und exponiert werden. Auch vom Faszinosum schwer lesbarer Filme ist die Rede, etwa von Christopher Nolan und David Lynch: Das Publikum wolle die erlebte Irritation in wiederholten Sichtungen überprüfen, ein Umstand, der diese Filme zu langlebigen Kultfilmen werden lässt. Aber es geht nicht nur um die Wirkung der Verführungskräfte des Mediums und um die Mittel, diese Effekte zu erreichen. Genauso vertieft werden Überlegungen zur Wechselwirkung der endlos wiederkehrenden mythischen Qualität des Films mit den Wünschen und Sehnsüchten der Zuschauer. Stigleggers Herangehensweise begünstigt einen erfrischend demokratischen Zugang zum Kino, «eine nicht-normative Betrachtung unterschiedlichster Filme», um so «an einer Überwindung des Kanon-Denkens zu arbeiten». Stigleggers konzise, anregende Überlegungen eignen sich, den Blick des Publikums zu erweitern. Und das eigene Sehen und Urteilen zu überprüfen.“