Die Fachtagung Storytelling/Transdisziplinär fand vom 23.05.2024 bis 25.05.2024 and der MSD – Münster School of Design, Leonardo-Campus 6, 48149, Münster// in Kooperation mit der Universität Regensburg. Konzipiert und umgesetzt wurde sie von der MSD Münster (Lars C. Grabbe, Marcus Stiglegger) und der Universität Regensburg (Christoph Wagner, Gerald Dagit):
»Crossmediale Ästhetiken und postmoderne Mythenmaschinen: Bildkritik und Kommunikation im postfaktischen Zeitalter«
Erzählungen sind anthropologische Grundkonstanten kultureller Praxis und eng verwoben mit dem epistemischen Versuch, Lebenswelten zu beschreiben, ihnen Sinnstrukturen zu verleihen und gleichzeitig auch individuell zu charakterisieren. Abhängig von der sprachlichen Entwicklung des Homo sapiens ist die These gebräuchlich, dass Erzählungen und mythische Beschreibungen schon vor jeder medialen Speicherung und Fixierung mündlich stattgefunden haben. Wissenschaftlich gesehen wird der Zugriff auf eine Kulturgeschichte der Narration evident durch Schriftsysteme gestützt, wie beispielhaft den über 4.000 Jahre alten und Keilschrift-basierten Tontafeln, welche Verse des Gilgamesch-Epos beinhalten. Wesentlich älter zeigen sich dagegen Höhlen- oder Felsbilder der Ur- und Frühgeschichte, die neben Informationen über Flora und Fauna in vielen Kontexten ebenfalls symbolische Darstellungen beinhalten mit oftmals mythologischer oder narrativer Funktion.
Erzählungen als Aspekte einer individuellen oder kollektiven Imagination zeigen sich somit medienästhetisch immer abhängig von den jeweiligen Zeichenformationen und -konfigurationen sowie den eingesetzten Medientechnologien einer jeweiligen Zeit oder Epoche: Das, was erzählt wird, findet damit Eingang in unterschiedliche mediale Rezeptionskontexte und historisch sich konstant entwickelnde Materialitäten, Medien, Technologien, Zeichenstrukturen wie auch in kreative Herstellungsstrategien und praktische Verwendungskontexte.
Der analytische Zugriff auf das »Storytelling« wird für das Symposium in 2024 aus zwei eigenständigen Richtungen gedacht werden: Einerseits ist ein wissenschaftlich-hermeneutischer Zugriff auf den Begriff »Crossmedialer Ästhetik« wünschenswert, der eine mediensystematische Verortung möglich macht. Ziel kann es demnach sein, den Begriff kulturgeschichtlich zu verorten und mit aktuellen Deutungs-Tendenzen und technischen Perspektivierungen in Beziehung zu setzen. Ein Augenmerk kann hier auf den transdisziplinären Bedeutungen für emotive, individuelle und kollektive Kommunikationsstrategien in analogen und digitalen Kontexten liegen, wie auch auf den spezifischen Ausprägungen der Erzählweisen in linearen, nicht-linearen und multimodalen Mediensettings. Andererseits sollte ein analytischer Zugriff auf die Formen der »Bildkritik, Kommunikation und Postfaktizität« erfolgen, um die Funktion des darstellenden Mitteilens durch postmoderne Mythenmaschinen kritisch zu untersuchen und gesellschaftlich einzuordnen.
Thematisch zeigen sich soziale Medien als besonders geeignet, um Mythen zu kommunizieren und deren Verbreitung zu befördern. Es lässt sich ein ein Aufleben gängiger Mythen und die Privilegierung bestimmter gesellschaftlicher Narrative beobachten, an der Schnittstelle von Faktizität und Fiktion:
– Welche sozialen Akteure kommunizieren die Mythen (Influencer, Blogs etc.)?
– Welche gestalterischen Strategien liegen der social media-Kommunikation zu Grunde (UI/UX etc.)?
– Was sind die Bestimmungsgrößen und Eigenheiten einer digitalen Netzkultur
– Welche Mediatisierungen werden durch digitale Kommunikation befördert?
– Welche Formen hyperlokaler, interaktiver und performativer Praktiken der Netzkultur lassen sich kennzeichnen?
– Wie formt das Digitale eine eigenständige Medienökologie?
– Welche medialen Narrative als Mythopoetiken lassen sich kennzeichnen?
Der für das Symposium zu Grunde gelegte Begriff der »Crossmedialen Ästhetik« soll bewusst weit und offen verstanden werden, wobei hier konkrete Erzählungen, Erzähl- und audio-visuelle Mitteilungsweisen ebenso Berücksichtigung finden, wie die möglichen Ausprägungen innerhalb von sensorischen Narrativen oder digitalen Apparaturen. Da das Erzählen und konkrete Mitteilen eng mit den jeweiligen ästhetischen Repertoires der Medientechnologien in Beziehung steht und von diesen auch strukturell beeinflusst wird, zeigen sich »Crossmediale Ästhetiken« ebenso über die jeweilige sensorische Aneignung vermittelt und damit wirksam über die sensorischen Wahrnehmungsmodalitäten der Rezipierenden. Das Spannungsfeld von »Crossmedialität – Medium – Wahrnehmung« gilt hierbei besonders durch zahlreiche Innovationen des sogenannten »Digital Turn« beeinflusst, wobei vor allem das Geflecht von medien- und artefaktspezifischen Strukturierungsleistungen gemeint ist. Systematische Beschreibungen oder Modellbildungen lassen sich folglich nur an der Schnittstelle von Multi-, Trans- und Intermedialität formulieren, wobei sich Narrative dann kontinuierlich durch die je individuelle Abhängigkeit ihrer Verkörperung durch Artefakte, Werke und Medien konsolidieren.
Text: Offizieller CfP der Veranstalter
Fotocredit: Jeremy Katerndahl (2024)