Interview zum Thema Halloween

Sven Meyer vom Freiburger Wochenbericht hat Marcus Stiglegger zum Thema Halloween interviewt. Hier sind die kompletten Antworten:

Wie erklären Sie sich den Siegeszug von Halloween in Deutschland?

Zunächst ist Halloween in Deutschland ein kommerzielles Geschäft, das Kindern Anlass zum Verkleiden gibt, während Eltern sich in saisonalen Dekorationen üben können. Es wurde von der Spielzeugindustrie forciert, als das Karnevalsgeschäft temporär schwächelte – das begann während des Golfkrieges 1991. Nun wird dieses doppelte Geschäft mit Kostümen und Dekoration seither gepflegt, vor allem aus kommerziellen Gründen. Es ist wie Weihnachten und Karneval zugleich für die Geschäfte…

Warum spricht es vor allem die jüngere Generation so an?

Für Kinder bietet sich die Freude, Streiche zu spielen, sich gepflegt zu gruseln und Verkleidungen zu basteln. Zudem dürfen sie im Dunkeln auf die Straße, was ein zusätzlicher Reiz der Regelüberschreitung ist. Kinder brauchen die Auseinandersetzung mit dem ‚Bösen‘ und ‚Monströsen‘ – vor allem in einer spielerischen Form. Das gab es zuvor nur sehr bedingt, in Märchen oder der Geisterbahn. Inzwischen hat sich in Animationsfilmen wie HOTEL TRANSSILVANIEN eine kindliche Horrorkultur etabliert, die nachgespielt werden will.

Welche Rolle spielt Hollywood dabei?

Die Lust an der Angst begleitet die Menschheit von Beginn an. In Mythen und Märchen wurden Urängste verarbeitet, in Ritualen und Maskierungen gepflegt. Auch die Medienwelt schätzt diese Angstlust. Im Hollywoodkino ist der Horrorfilm seit den Universal-Filmen der 1930er Jahre eine Instanz, die ihre Monster regelmäßig modernisiert. Und jeder Feiertag und Unglückstag bekam seinen eigenen Horrorfilm, so auch Halloween mit John Carpenters Klassiker von 1978, der zahlreiche Fortsetzungen und zwei Neubelebungen erfuhr. Zudem ist Horrorkultur längst Pop geworden, wie die Cosplaykultur und der Erfolg von Serien wie WEDNESDAY belegt. Daran kann Hollywood mühelos anknüpfen.

Würden Sie sagen, dass solche Feste und Alltagsfluchten in als krisenhaft empfunden Zeiten Konjunktur haben?

Rauschhafte Feste sind immer ein beliebter Schritt aus der Tristesse des Alltags, und je stärker die Krisen werden, umso größer wird auch dieses Bedürfnis der Alltagsflucht. Halloween bietet als spielerische Auseinandersetzung mit Ängsten und Tod tatsächlich erweiterte Möglichkeiten. Zugleich muss man bedenken, dass es sich um ein heidnisches Fest handelt, das den Zyklus der Natur saisonal feiert, etwa im Kürbisschnitzen. Im Alpenraum gibt es vergleichbare Rituale wie den Perchtenlauf, der jedoch weit weniger bekannt ist. Letztlich muss man wohl sagen, dass Halloween hierzulande vor allem ein verfügbares und käufliches Fest ist – das macht es so beliebt.

Halloween: Hype ums Gruselfest auch in Südbaden – Freiburger Wochenbericht

Foto: j2ms, 2024. Model: Nadine D.

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