Montage als Waffe

Unsere Gegenwart wird immer bedrohlicher konflikthaft: Ob im Ringen von Fakt und Verschwörung, im Erstarken extremer Partien in demokratischen Staaten oder sogar in Form von bewaffneten Konflikten, von Kriegen. Und nicht nur angesichts der Grußbotschaften Wolodymyr Selenskyjs bei den Filmfestspielen in Cannes und Venedig wird deutlich, wie eng Film und Krieg verwoben sind – was sich in Propagandavideos des IS schon zeigte, wird spätestens mit dem Ukrainekrieg und seinen medialen Begleiterscheinungen zur Gewissheit: Moderne Kriegsführung ist auch digitale Kriegsführung, der Krieg mit Bildern war weltpolitisch noch nie so relevant wie gerade jetzt. Und damit wird die Montage zur wirkmächtigen Waffe. Im Gespräch mit Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger und Journalist Vladimir Esipov beleuchten wir, wie Montagetechniken von Eisenstein bis zu Oliver Stone aktuelle Fakefilme im Meinungskrieg, etwa die Produkte von Steve Bannon, prägen, wie der Medienprofi Selenskyj gezielt Social Media-Filme zur Verteidigung seines Landes und der internationalen Meinungsbildung nutzt, wie Montage die Propaganda verschiedener Kriegsparteien prägt und welche befremdlichen Blüten der Umgang mit und das Wissen um moderne Manipulationsmöglichkeiten bisweilen treibt: Während Forensic Architecture und andere bemüht sind, mittels digitaler Forensik dem Fake auf die Spur zu kommen oder sogar Gerichtsverfahren auf Basis filmischer Metadaten anstrengen, produziert das russische Fernsehen für ein „Fake-Entlarvungs-Format“ kurzerhand selbst die vermeintlichen ukrainischen Fakevideos. Während Franziska Giffey noch rätselt, ob der Fake-Klitschko mit dem sie sprach Deep Fake oder Schnitt und Schminke war, versucht die deutsche Öffentlichkeit sich an berufsbildende Begrifflichkeiten wie „Warfluencer“ zu gewöhnen.

Info zur Veranstaltung: THEMENSCHWERPUNKT | Edimotion | Festival für Filmschnitt und Montagekunst

Interview auf Deutschlandfunk Kultur: Kriegsführung mit Bildern: Montage als Waffe (deutschlandfunkkultur.de)

Sonntag, 17. Oktober 2021 | 19:00 Uhr
Filmforum im Museum Ludwig
Moderation: Sven Ilgner (freier Autor, Kurator und Filmemacher).

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